11/2012 | FACHARTIKEL
Vom Labor zum Technikum
Hardwarekomponenten für die Rezeptentwicklung
Der Baustein „Micro-MoFa" ist ein Teil der modularen Fertigungstechnik. Die Anlage erlaubt den Scale-up-Prozess vom Labor- über den Technikumsmaß stab bis zur Großproduktion.
Es gibt Einzelsysteme für das Entwicklungslabor für Ansatzgrößen bis 10 Liter und 50 Liter sowie für das Technikum in Größen bis zu 100 und 300 Liter. Alle Systeme sind in der HV-Version (High Viscosity) konstruiert.
Die Anlage wurde konzipiert, um Kleinchargen von 10 bis 300 Litern herzustellen oder Rezepte im Labormaßstab zu entwickeln. In der Verfahrenstechnik liefert sie Parameter für den Scale-Up-Prozess aller Rezepturen von der Labor- bis zur Serienfertigung.
Fest, pastös und flüssig einfüllen
Auf der Anlage können Slurries, Flüssigmischungen mit einer maximalen Viskosität von 20.000 mPas, Fertigprodukte sowie hochkonzentrierte Pigmentpasten mit einem Feststoffgehalt von bis zu 70 % als Mehrkomponentenmischungen hergestellt werden.
Die Vorlageflüssigkeiten werden manuell in den Mischbehälter gefüllt oder über den Einfüllstutzen im Behälteroberboden zugegeben. Die Dosierung von Wasser erfolgt ebenso.
Die Feststoffe können über einen mobilen Pulvertrichter aus Kunststoff oder Edelstahl vorgewogen vorbereitet werden. Der Pulvertrichter wird zur Fertigung mit einer Schlauchleitung an die Mischkammer der Dispergiereinheit Conti-TDS (Transport-Dissolving-System) angedockt. Danach wird der Pulverhahn geöffnet und der Absaugprozess beginnt.
Kleinere Mengen Feststoff lassen sich über einen Kleinmengentrichter zugeben. Dabei ist das Pulver für den Trichter ebenfalls vorgewogen. Angedockt an der Mischkammer erfolgt die Leerung des Trichters über die integrierte Dispergiereinheit. Kleinmengen von Flüssigkomponenten, z.B. Additive, können ebenfalls über diesen Kleinmengentrichter mit der Dispergiereinheit zugegeben werden.
Mischen und Dispergieren
Der Aufschluss und die Dispergierung der Feststoffe erfolgen in der Mischkammer der Dispergiereinheit Conti-TDS. Hierfür gibt es den Modus Pulvereinzug, d.h. der Pulverhahn ist geöffnet. Die Maschine läuft mit der voreingestellten Drehzahl und dispergiert das Pulver bereits während des Einsaugvorgangs. Homogenisiert wird dann mit geschlossenem Pulverhahn im selben Drehzahlbereich. Die Dispergiereinheit ist wie bei „Mofa" und „Mini-Mofa" eine Rotor-Statormaschine und arbeitet nach dem Zentrifugalprinzip. Durch die besondere Bauform von Rotor und Stator entsteht während des Betriebs in der Mischkammer ein Vakuum. Über dieses Vakuum können sowohl Feststoffe als auch Flüssigkeiten eingesaugt werden. Im Vakuumbereich der Dispergierzone erfolgt die Zwangsbenetzung aller Partikel sowie die Abtrennung von Luft.
Zwei getrennte Eingänge in die Mischkammer der Dispergiereinheit bilden über Pulver- und Kleinmengentrichter neue rezeptbedingte Prozesse ab.
Verfahrenstechnische Prozessebeispiele sind
- die getrennte Zuführung von weißem Pigmentpulver (Titandioxid) und organischen Pigmentmischungen über Pulver- bzw. Kleinmengentrichter,
- die Pulverzuführung über den großen Pulvertrichter und gleichzeitige oder getrennte Dossage von geschmolzenem Wachs oder Bindemittelkomponenten über den Kleinmengentrichter sowie
- unterschiedliche Dosiergeschwindigkeiten in die Mischkammer der Dispergiereinheit über Pulver- und Kleinmengentrichter
Während der gesamten Conti-TDS-Laufzeit wird die Homogenität im Mischbehälter zusätzlich über einen Leitstrahlmischer hergestellt. Dieser wird auch eingesetzt, wenn Produkte verarbeitet werden, die nicht in das Scherfeld der Conti-TDS gelangen sollen. Eine solche Arbeitsweise ohne Conti-TDS ist möglich. Auf der Anlage können also sowohl Produkte mit hohem Scherbedarf als auch scherempfindliche Produkte bearbeitet werden.
Der Leitstrahlmischer bewirkt eine intensive, luftfreie und homogene Vermischung des gesamten Behälterinhalts unabhängig von Chargengröße, Viskosität und Fließeigenschaften der herzustellenden Produkte.
Bei Vorlage von flüssigen Kleinmengen im Mischbehälter unterhalb des Arbeitsbereichs des Leitstrahlmischers ist zum Homogenisieren optional ein Ankerrührwerk eingebaut. Darüber hinaus dient das Ankerrührwerk als Wandabstreifer und erfasst im Mischbehälter alle Restmengen beim Abfüllvorgang.
Der Mischbehälter ist kühlbar. Über einen Doppelmantel kann mit Kühlwasser die Produkttemperatur kontrolliert werden. So ist es möglich, temperaturempfindliche Produkte herzustellen.
Fertigstellen und Reinigen
Die Entleerung des fertigen Produkts erfolgt über ein Entleerventil an der Mischkammer der Conti-Dispergiereinheit. Bei hochviskosen Produkten kann diese Dispergiereinheit unterstützen. Die Verrohrung der Anlage ist so gestaltet, dass eine komplette Entleerung der gesamten Anlage möglich ist.
Nach der Fertigstellung eines Produkts wird die Anlage manuell gereinigt. Mit einem Wasserschlauch lassen sich bei einem Wasserdruck von 1 bis 3 Bar der Mischbehälter und die Einbauelemente wie Leitstrahlmischer und Ankerrührwerk leicht reinigen. Die Conti-Dispergiereinheit unterstützt den Reinigungsprozess durch hohe Fließgeschwindigkeiten im Rohrleitungssystem. Dadurch sind grundlegende Farbton- und Produktwechsel in kurzer Zeit zu realisieren.
Das Montieren und Demontieren von Ansatzbehältern, Rohrleitungen, Absperrarmaturen, Antriebsmotoren etc. ist nahezu ohne Werkzeuge möglich. Die Bedienung der Anlage erfolgt über einen Touchscreenmonitor im Bedientableau mit einer SPS-Steuerung.
Anlagendaten
Eine Person bedient die Anlage, wobei ein Versuchsansatz von zehn Litern weniger als zehn Minuten Zeit in Anspruch nimmt. Die verfahrentechnischen Möglichkeiten der Micro-Anlage entsprechen denen der Mini-MoFa und der gewöhnlichen MoFaAnlage. Der Rohstoffausnutzungsgrad steigt um bis zu 50 %. Die Entwicklungszeiten sinken und die Produktqualität liegt über der, die sich mit normalen Laborbetriebsmitteln realisieren lässt. Besonders bei Farbpasten oder Füllstoffsuspensionen (Aquamediates) entstehen neue Produktund Eigenschaftsprofile, die bisher nicht möglich waren.
Die SPS-gesteuerte Bedienung, die kompakte Bauform und die Tatsache, dass das System einfach zu transportieren ist, steigern die Einsatzmöglichkeiten.
Magazin: Farbe und Lack
Ausgabe: 11/2012
Autor: Ralf Hohmann und Stefan Klapper
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