12.2024 | FACHARTIKEL
Mischen possible - Ein Besuch bei ystral
Für Wandfarbe, Schokoladenfüllung oder Energy Drinks fertigt ystral aus Ballrechten-Dottingen Misch- und Dosiermaschinen. Das Familienunternehmen entwickelt sich in schwierigen Zeiten gut und regelt frühzeitig die Nachfolge. Ein Besuch vor Ort.
Es ist ein bisschen wie beim Pfannkuchenbacken: Wenn man Mehl, Eier und Milch verrührt, ist die Reihenfolge und Dosierung wichtig, damit der Teig nicht klumpt. Wer sichergehen will, dass es perfekt funktioniert, mixt die Zutaten nicht von Hand, sondern mit einer Küchenmaschine. Auf diesem Prinzip fußen die Maschinen und Anlagen von ystral aus Ballrechten-Dottingen. Nur die Mengen und vor allem die Zutaten sind andere. Im Versuchszentrum stapeln sich auf einer Palette Säcke voller Titandioxid, einem weißfarbigen Pigment, das die Deckkraft in die Wandfarbe bringt. Daneben stehen blaue Fässer voller Wasser und Zusatzstoffe, sogenannter Additive. „Dieses Pulver muss mit der Flüssigkeit vermischt werden. Das machen wir mit unseren Maschinen", sagt David Manke, Gesellschafter uno Mitarbeiter im Bereich Verfahrenstechnik, und zeigt auf eine ystral „Conti - TDS". Diese Misch- und Dosiermaschine ist das Herzstück vieler Anlagen von ystral. Mit derjenigen, die im Versuchszentrum des Unternehmens steht, testen in den kommenden Tagen Verfahrenstechniker von ystral gemeinsam mit einem potenziellen Kunden, wie die Anlage aussehen muss, damit sie die Malerfarbe wie gewünscht mischt. Das Versuchszentrum ist laut Manke einer der Erfolgsgaranten des Unternehmens. „Wer einmal hier war, wird auch Kunde", sagt der 60-Jährige. Im Jahr 2005 übernahm er gemeinsam mit seinen Brüdern Peter (55) und George (57) die Anteile des Unternehmens das zuvor ihre Eltern geführt hatten. „Wir haben damals überlegt, ob das gutgeht zu dritt", berichtet David Manke. „Wir waren uns schnell einig: Das kriegen wir hin, wenn jeder seinen Bereich kriegt. Passend zu seinen Stärken und Neigungen." George Manke blieb im Vertriebsinnendienst, wo er bereits in den 1980er-Jahren als Azubi begonnen hatte. Eine Führungsposition war seine Sache nicht. Und Peter, der sich im Bereich Technik unter anderem um die Produktstandardisierung gekümmert hatte, löste David auf dessen Wunsch an der Firmenspitze ab, damit er in der Verfahrenstechnik. an den Maschinen und mit den Kunden arbeiten konnte. „Ich bin eher der Praktiker", sagt der studierte Maschinenbauer. Seit ein paar Jahren sind die drei Inhaber dabei, erneut die Weichen zu stellen: Peter Manke ist jüngst aus der operativen Geschäftsführung ausgeschieden und steht dem neuen Führungsteam beratend zur Seite, so wie auch David Manke. Die kaufmännische Geschäftsführung und das operative Geschäft verantwortet seit fünf Jahren Karl Prem (55). Ihm zur Seite steht seit dem Sommer Dominik Seeger (45) als Geschäftsleiter Vertrieb. Der Posten des technischen Geschäftsleiters ist noch vakant. Auch wenn sie sich aus der ersten Reihe verabschiedet haben: Ans Aufhören denken die drei Brüder noch nicht. Im Gegenteil: „Wir sind noch mit Spaß dabei", sagt David Manke. „Unser Ziel ist aber ein reibungsloser Übergang." Da sei es wichtig, den richtigen Zeitpunkt nicht zu verpassen. Dass der Prozess gut funktioniert, merkt man beim Interview: Dominik Seeger und David Manke gehen vertraut miteinander und den anderen Mitarbeitenden um. Immer wieder fragt der Inhaber den Vertriebschef, welche Geschäftszahlen kommuniziert werden dürfen. Sie kennen sich schon lange. Seeger absolvierte vor 23 Jahren eine Ausbildung im Unternehmen und kehrte vor 13 Jahren wieder zurück. Und wenn auch nicht ganz so eng wie die Mankes, die häufig die Hausaufgaben im Büro der Mutter machten, ist auch Seeger mit ystral aufgewachsen. Schließlich gilt sein Vater Hanspeter, der hier einen Großteil seines Berufslebens verbrachte, als Erfinder der „Conti - TDS" und berichtete oft am heimischen Mittagstisch aus der Firma, wie sich sein Sohn erinnert.
Flache Hierarchien und Dutzkultur
Flache Hierarchien und eine Kultur des Duzens, die alle vom Azubi bis zum Geschäftsführer einschließt: Das Klima im Unternehmen ist nach wie vor familiär, obwohl ystral in den vergangen 20 Jahren stark gewachsen ist: Im Jahr 2005 arbeiteten rund 70 Beschäftigte bei ystral in Ballrechten-Dottingen, heute sind es 275. Dazu kommen 20 in den zwischenzeitlich aufgebauten Niederlassungen in Singapur, Indien und China. ystral exportiert etwa 60 Prozent seiner Mischmaschinen beziehungsweise kompletten Anlagen - allen voran nach Südostasien und ins europäische Ausland. Auch die USA sind mit einem Umsatzanteil von etwa zehn Prozent ein bedeutender Markt. Größter Einzelmarkt ist nach wie vor Deutschland. Etwa ein Fünftel des Umsatzes wird auf dem Heimatmarkt generiert. Hier hat das Unternehmen in diesem Jahr auch den größten Einzelauftrag in seiner 51-jährigen Geschichte akquiriert. Das Volumen liegt im hohen einstelligen Millionenbereich und ist für einen Kunden aus der Chemiebranche. Details kommuniziert ystral nicht. Die Kunden wollen bedeckt bleiben. So ist das in den Branchen üblich, für die ystral arbeitet. Etwa 50 % Prozent des Umsatzes entfällt auf die Chemieindustrie, die mit den Maschinen oder Anlagen von ystral vor allem Farben, Lacke oder Beschichtungen produziert. Die andere Hälfte teilen sich Lebensmittel- und Getränkehersteller, Pflegeprodukte- und Pharmaindustrie. Maschinen von ystral werden genauso dazu verwendet, Energy Drinks oder Schokoladenfüllungen zu produzieren wie Deos, Lotions und Shampoos namhafter Marken. Auch beim Mischen von Tablettenbeschichtungen sind sie im Einsatz.
Lange Projektlaufzeiten, Aufträge unterschiedlicher Größeie Anteile dieser Branchen am Umsatz schwanken je nach Auftragsgröße. Die reichen von 10.000 Euro bis zu mehreren Millionen. Je nachdem, in welchem Jahr sie abgerechnet werden fällt auch der Umsatz unterschiedlich aus. Tendenziell wächst er aber ähnlich wie die Zahl der Mitarbeitenden: im Jahr 2005 wurden rund 10 Millionen Euro umgesetzt, im Rekordjahr 2023 waren es 48,5 Millionen. Bei ystral misst man den Erfolg aber lieber am Auftragseingang: Der erreichte ein Jahr zuvor mit einem Volumen von rund 53 Millionen den bisherigen Höchstwert. Je nach Projektlaufzeit dauert es oft bis zu zwei Jahren, bis die Aufträge sich in Umsätzen niederschlagen. Auch die Auswirkungen der Coronapandemie hat ystral erst gespürt, als sie schon vorbei war. Da es in dieser Zeit praktisch nicht möglich war, persönliche Kontakte vor allem im asiatischen Raum zu pflegen, blieben die Aufträge von dort aus. Die Folge war eine Delle im vergangenen Jahr. Nicht zuletzt wegen des aktuellen Rekordauftrags geht es derzeit wieder aufwärts. Obwohl das wirtschaftspolitische Umfeld weltweit nach wie vor herausfordernd ist - unter anderem wegen der schwächelnden chinesischen Wirtschaft und der unklaren Pläne des zukünftigen US-Präsidenten Donald Trump in Bezug auf Einfuhrzölle. Immerhin liegen die Anfragen auf stabilem Niveau, auch wenn viele Kunden Aufträge angesichts der Krise verschieben oder die Produktion ins Ausland verlagern und zumindest Teile der Anlagen dort einkaufen, wie Seeger berichtet. Um noch mehr Aufträge generieren zu können, will ystral im kommenden Jahr für einen siebenstelligen Betrag ein neues Versuchszentrum gegenüber dem Firmengebäude bauen.
Magazin: Netzwerk Südbaden
Ausgabe: 12/2024
Text: Susanne Maerz
Über ystral
Mit unserem großen Wissen und unserer langjährigen Erfahrung in der Verfahrens- und Anwendungstechnik
bieten wir branchenübergreifend gezielte, kundenorientierte Lösungen an
– vom Laborgerät bis zur Produktionsmaschine oder -anlage.
Gemeinsam mit Ihnen erarbeiten wir Konzepte und Umsetzungen für Ihre individuellen Anwendungen, die für Sie
einen sofort realisierbaren und quantifizierbaren Mehrwert bedeuten.