07/2005 | FACHARTIKEL
Wenn fest mit flüssig ...
Mischen und Dispergieren von Pulvern mit Flüssigkeiten
Pulverfönnige Feststoffe mit Flüssigkeiten zu mischen und zu dispergieren ist gar nicht so einfach. Das Einbringen der Rohstoffe muss oft aus verschiedenen Gebindeformen erfolgen, im Behälter schwimmt das Pulver oben auf, am Rand entstehen Verkrustungen - alles in allem eine zeit- und kostenaufwändige Sache. Abhilfe kann hier eine Pulverbenetzungs- und Dispergiermaschine schaffen, wie sie beispielsweise bei einer Firma aus der Kunststoffchemie im Einsatz ist.
Nicht alles, was aussieht wie Schokoladenpudding, ist auch Schokoladenpudding: Der erste Blick in den großen Behälter lässt noch hoffen - spätestens beim Einsatz der Nase wird klar, dass es sich hier um reine Chemie, genauer gesagt um Kunststoffchemie handelt. Die braune Masse im Ansatzbehälter der Conti-TDS-Anlage ist eine Mischung aus Kreide, Polyol und Leichtfüllstoff. Unter Zugabe von Isocyanat entsteht daraus ein Harz, das in Formen gepumpt wird, aushärtet und dann als Modellbauplatte auf den Markt kommt. Die Firma Sika Deutschland GmbH im schwäbischen Bad Urach ist Spezialist für diese Platten und hat vor kurzem die Conti-TDS-Anlage - zusätzlich zu einer bestehenden älteren Anlage vom gleichen Hersteller - in Betrieb genommen.
,,Für uns ist die Rechnung ganz einfach: Mit der Conti-TDS-Anlage der Firma ystral sparen wir Zeit und Geld", erzählt Sika-Projektleiter Jürgen Haussier. Das Hauptproblem bei der Herstellung von bestimmten Produkten ist die Vielzahl von Additiven, die als Einzelkomponenten im flüssigen oder pulverförmigen Zustand in einen Ansatz eingebracht werden müssen - und das oft noch aus unterschiedlichen Gebinden. Die hierfür notwendige Arbeitsweise ist zeit- und kostenintensiv, da diese Vorgänge oftmals nur von Hand ausgeführt werden können. ,,Unsere Conti-TDS-Anlage ist in der Lage, diese Handarbeit bedienerfreundlich und wirtschaftlich auszuführen", ergänzt Hanspeter Kenk, bei ystral zuständig für Anlagenbau.
Staubfrei einziehen, restfrei entleeren Die Conti-TDS ist eine Anlage zum staubfreien Eintragen und Dispergieren von pulverförmigen Feststoffen mit Flüssigkeiten. Die Anlage besteht aus einem Ansatzbehälter mit Leitstrahlmischer, Ankerrührer mit Abstreifer, einer Pulverbenetzungsmaschine und einem Vakuumkessel. ,,Das Prinzip ist natürlich immer das Gleiche, aber im Grunde wird", so Anlagenbauer Kenk, ,,für jeden Kunden eine Spezialversion entwickelt, die auf sein Produkt zugeschnitten ist".
Der Behälterinhalt zirkuliert ständig, und mit dem erzeugten Vakuum werden pulverförmige und flüssige Additive staub- bzw. rückstandsfrei in die Flüssigphase eingetragen. Die Zuführung von Pulver- und Flüssigkomponenten erfolgt über getrennte Eingänge in den Dispergier- und Mischkopf der Conti-TDS.
Über ein entsprechendes Reinigungsprogramm können alle produktberührten Teile vollständig gereinigt werden. Spüldauer und Ablauf werden je nach Aufgabenstellung adaptiert. Dazu Betriebsleiter Haussier: ,,Um die Anlage zu reinigen, pumpen wir etwas Polyol durch die Leitungen und in den Behälter. Dieses Polyol können wir im nächsten Ansatz einfach wieder einsetzen." Anlagenbauer Hanspeter Kenk ergänzt: ,,In der Lebensmitteloder Pharmaindustrie sieht das mit der Reinigung natürlich anders aus. Da ist dieser Vorgang oft anspruchsvoller als die Produktion selbst - deshalb sind solche Anlagen auch CIP-fähig."
Spart Personal und Platzbedarf
Die Firma Sika hat schon mit der ersten ystral-Anlage gute Erfahrungen gemacht, sich aber aus gutem Grund für die zusätzliche neue Conti-TDS entschieden . ,,Mit der alten Anlage konnten wir einfach unseren Bedarf nicht mehr zeitgemäß decken", so Projektleiter Haussier. ,,Bei der neuen Anlage ist die Sackaufgabe wesentlich komfortabler, der Durchsatz ist höher, und vor allem die Steuerung mit Visualisierung und Rezeptverwaltung bedeutet eine große Arbeitserleichterung." Die komplette Anlage kann jetzt von einer Arbeitskraft aus der Produktion quasi nebenbei bedient werden. Es müssen nur noch die Container rangefahren, die Säcke eingefüllt und der Prozess überwacht werden. ,,Wir sparen Personal und brauchen weniger Rohstoff-Rollbehälter", so Jürgen Haussier weiter.
Die komplette Anlage steht auf Wägezellen, ,,das ist wichtig für die anschließende Protokollierung", erzählt Hanspeter Kenk. Über die Rezeptursteuerung wird alles automatisch zudosiert, und über die Protokollierung lassen sich alle relevanten Daten (Dosiermengen, Drehzahlen, Temperatw-, etc.) dokumentieren.
Know-how steckt im Dispergierkopf
Das Besondere an der YSTRAL-Conti-TDS-Anlage ist der Dispergierkopf an der Pulverbenetzungsmaschine. Über das Vakuum im Mischkopf der Conti-TDS werden die Rohstoffe über einen separaten Eingang unter Vakuum aus dem Pulversack zunächst in den Dispergierkopf gesaugt - immerhin stattliche 100 kg/Minute. Dort wird das Pulver mit der Flüssigkeit - in diesem Fall die Kreide mit dem Polyol - benetzt. ,,Hier haben wir ein Vakuum von fast 90%", erklärt Hanspeter Kenk, ,,so dass die Luft zwischen den Pulverpartikeln expandiert."
Es entsteht eine große Oberfläche, die Partikel weiten sich aus, und die Benetzung kann mit einem sehr hohen Schergradienten erfolgen. Das Pulver ist sofort benetzt und dispergiert und kommt bereits als Suspension im Kessel an. Die Suspension wird ständig im Kreislauf gefahren, so dass sie sich immer mehr mit Pulver anreichern kann bis der gewünschte Sättigungsgrad erreicht ist. Dann wird das Ventil zum Dispergierkopf geschlossen und nachdispergiert. ,,Der Anwender hat bei der Conti-TDS-Anlage nicht die üblichen Nachteile wie stundenlanges Rühren, oben aufschwimmendes Pulver, verkrustete Ränder, inhomogenes Produkt usw.", so Hanspeter Kenk.
Teil dieses ausgereiften Mischkonzeptes sind neben dem Dispergierkopf die im Behälter angebrachten Komponenten Leitstrahlmischer und Ankerrührer, die für eine homogene Mischung und einen verbesserten Wärmeübergang im Produkt sorgen. Außerdem verhindert ein Mischen im Behälter Kurzschluss-Strömungen.
Vom Mischer zur Prozessanlage
Die Firma ystral ist seit 30 Jahren mit dem Leitstrahlmischer und seit etwa 10 Jahren mit Pulverbenetzungsmaschinen auf dem Markt. Entwickelt wurde der erste nach dem Rotor-Stator-System arbeitende YSTRAL-Leitstrahlmischer für Flüssigkeiten und Feststoffe bereits 1959 und wird heute weltweit für eine Vielzahl von Mischanwendungen eingesetzt. Mittlerweile sieht sich das Unternehmen als Dienstleister für die Prozesstechnik, d. h., es werden ganze verfahrenstechnische Prozesse in enger Zusammenarbeit mit dem Kunden entwickelt.
In einer Zeit, in der sich Maschinenbau und Großchemie, was die schlechte Auftragslage angeht, die Hand schütteln können, geht es der Firma ystral gut. ,,Wir haben Wege gesucht, um den Kunden durch neue Maschinen und Verfahren entscheidende Vorteile zu bieten", erzählt Geschäftsführer David Manke - und das gelang nicht nur bei der Firma Sika in Bad Urach. Dazu Vertriebsbereichsleiter Stephan Bizer: ,,Für die Entwicklung der neuen Maschine Conti-TDS haben wir in Absprache mit den Kunden ein Pflichtenheft erstellt: das Pulver sollte über Vakuum in die Flüssigkeit eingesaugt werden, die Flüssigkeit muss gepumpt werden, das Pulver muss in der Flüssigkeit benetzt und dispergiert werden, vorhandene Bausteine sollen soweit als möglich eingesetzt werden, das Preis-/Leistungsverhältnis muss klar überzeugen."
Alle Punkte konnten erfüllt werden, und inzwischen ist die Maschine im Markt etabliert. Der Anwendungsbereich wurde stark erweitert, speziell bei umständlichen und aufwändigen Produktionsverfahren führt die Conti-TDS zu enormen Verkürzungen der Produktionszeiten, zu Qualitätsverbesserungen und verbesserten Arbeitsbedingungen. In einigen Bereichen wurden Anwendungsgebiete erschlossen, für die es bisher keine geeignete Lösung gab.
Magazin: Verfahrenstechnik
Ausgabe: 07/2005
Über ystral
Mit unserem großen Wissen und unserer langjährigen Erfahrung in der Verfahrens- und Anwendungstechnik
bieten wir branchenübergreifend gezielte, kundenorientierte Lösungen an
– vom Laborgerät bis zur Produktionsmaschine oder -anlage.
Gemeinsam mit Ihnen erarbeiten wir Konzepte und Umsetzungen für Ihre individuellen Anwendungen, die für Sie
einen sofort realisierbaren und quantifizierbaren Mehrwert bedeuten.