11/2012 | FACHARTIKEL
Federleicht unterwegs
Staubfreie Dispergierung von Leichtfüllstoffen
Leichtfüllstoffe wie expandierte und expandierbare Mikro-Hohlkugeln lassen sich mithilfe einer Pulverbenetzungsmaschine leicht und rasch staub- und verlustfrei einsaugen und dispergieren. So lassen sich Kosten sparen und Produkte mit verbesserten Eigenschaften herstellen.
Leichtfüllstoffe werden immer dann eingesetzt, wenn es gilt, das Gewicht einer Beschichtung zu reduzieren. Zudem können bestimmte Leichtfüllstoffe die Applikation erleichtern, Trocknungszeiten verkürzen, die Haptik der beschichteten Oberfläche variieren und für Matteffekte sorgen. Allerdings stauben Leichtfüllstoffe meist sehr stark und lassen sich oft nur schwer benetzen und dispergieren. Ihr extrem geringes spezifisches Gewicht sowie ihre hohe spezifische Oberfläche, welche im Extremfall über 100.000 m² /kg betragen kann, machen eine konventionelle Dispergierung mittels Dissolver oder Rührer zu einem regelrechten Gedulds- und Glücksspiel.
Eine spezielle Pulverbenetzungs- und Dispergiermaschine kann hier durch ein staub- und verlustfreies Verarbeiten dieser Leichtfüllstoffe für Abhilfe sorgen. Die Kombination aus Pulverbenetzungsmaschine und Leichtfüllstoff eröffnet ein hohes Rationalisierungspotential, aber auch die Möglichkeit, Systeme mit verbesserten technischen Eigenschaften herzustellen.
Pulver contra Flüssigkeit
Werden feine Pulver auf eine Flüssigkeitsoberfläche von nur wenigen Quadratmetern geschüttet, entsteht, abgesehen von der Staubbelastung, ein enormes Missverhältnis von Flüssigkeits- zu Pulveroberfläche. Die Flüssigkeit dringt je nach Eigenschaft der Pulver mehr oder weniger stark in die Aufschüttung ein und benetzt diese nur unvollständig. Die Pulver bleiben auf der Flüssigkeitsoberfläche liegen und können nur durch die Erzeugung von starken Turbulenzen (z.B. Bildung einer Trombe) und dem damit verbundenen Lufteintrag eingearbeitet werden. Die Produktqualität leidet und kann von Charge zu Charge unterschiedlich sein.
Neben der bei dieser Arbeitsweise auftretenden Staubbelastung wird oft aufgrund ineffizienter Rohstoffausnutzung zur Erzeugung eines gewünschten Effekts mehr Rohstoff eingesetzt als bei einer vollständigen Benetzung notwendig wäre. Ein Teil der Rohstoffe „verschwindet" als Staub in Betriebsausstattungen, Ansaugvorrichtungen und Filtern. Zum Kleben neigende Pulver verkrusten an der Behälterwand und an Einbauteilen, wie z.B. der Welle des Rührwerks. Es bilden sich Agglomerate, welche sich nur noch mit erhöhtem energetischen und zeitlichen Aufwandzerstören lassen.
Staub- und verlustfrei dispergieren
Die Pulverbenetzungs- und Dispergiermaschine Conti-TDS unterscheidet sich von allen anderen am Markt befindlichen Systemen. Mit ihr lassen sich Leichtfüllstoffe staub- und verlustfrei direkt ab Sack, BigBag oder Silo in Flüssigkeiten einsaugen, in Sekundenschnelle benetzen und dispergieren. Die Maschine arbeitet nach dem Rotor/ Stator-Prinzip. Sie wird nicht innerhalb, sondern außerhalb des Behälters installiert und mit diesem über Rohr- oder Schlauchleitungen verbunden. Ähnlich einer Pumpe fördert die Maschine die im Behälter vorgelegte Flüssigkeit im Kreislauf. Durch die spezielle Geometrie des Rotors wird ein Vakuum innerhalb der mit Flüssigkeit durchströmten Dispergierkammer aufgebaut. Mithilfe dieses Vakuums können Pulver im Dichtstrom staub- und verlustfrei direkt ab Sack, Big-Bag, oder Silo eingesaugt werden (Abb. 1).
Der Flüssigkeitsstrom wird in der Dispergierkammer mit hoher Scherenergie dispergiert, wodurch sich die Oberfläche der Flüssigkeit, in welche das Pulver eingesaugt wird, sehr stark vergrößert. Durch das Vakuum innerhalb der Dispergierkammer expandiert die im Pulverstrom enthaltene Luft, der Abstand der Partikel untereinander vergrößert sich. Die beiden Stoffströme (Flüssigkeit und Pulver) kommen über vollständig getrennte Wege in die Dispergierkammer und werden erst in der Dispergierzone bei definierten Schergradienten zusammengeführt. Es bestehen ideale Voraussetzungen für das Benetzen der einzelnen Partikel. Dieser Vorgang ermöglicht eine Feinverteilung im Moment der Benetzung und sorgt in vielen Fällen für wesentlich bessere Produkteigenschaften gegenüber dem herkömmlichen Pulvereintrag.
Auch für hochviskose Produkte
Neben Lacken und Farben können zahlreiche nieder- und mittelviskose Produkte mit nur einer Maschine hergestellt werden. Das Produkt wird hierbei durch die Pulverbenetzungs- und Dispergiermaschine selbst gefördert, so dass auch der Produkttransfer bzw. Austrag ohne zusätzliche Pumpe möglich ist. Lediglich zur Herstellung von hochviskosen Produkten, wie z.B. Dicht-, Dämm- und Klebstoffen, Gießharzen, oder Modellier- und Spachtelmassen, wird eine zusätzliche Verdrängerpumpe eingesetzt.
Je nach Rezeptur können mehrere unterschiedliche Rohstoffe nacheinander dispergiert werden, wobei die Absaugung aus unterschiedlichen Gebinden erfolgen kann. Bis zum Erreichen der Rezepturmenge an Pulver wird die Flüssigkeit im Umlauf gefördert und mit Feststoffen (Kreide, Pigmente etc.) aufkonzentriert. Nach Beenden des Feststoffeintrags kann mit hoher Förderleistung bei geschlossenem Pulvereinlass weiter im Umlauf dispergiert werden, bis die geforderte Partikelgrößenverteilung erreicht oder ein Lösevorgang abgeschlossen ist. Scherempfindliche oder viskositätserhöhende Pulver (z.B. Thixotropierungsmittel, Mattierungsmittel, Mikrohohlkugeln) werden zumeist zum Schluss eingesaugt.
Explosions- und Gesundheitsschutz
Das Arbeiten am offenen Rührwerksbzw. Dissolverbehälter ist bei der Herstellung von lösemittelbasierten Produkten, vor allem im Moment der Pulverzugabe, mit Risiken verbunden. Lösemitteldämpfe über der Flüssigkeit bilden zusammen mit dem Sauerstoff aus der Pulverschüttung ein explosives Gemisch. Neigt das Pulver zur elektrostatischen Aufladung, kann das Gemisch beim Einschütten des Pulvers durch Funkenbildung gezündet werden.
Im Gegensatz hierzu bietet die Pulverbenetzungs- und Dispergiermaschine erhebliche Vorteile. Sie saugt die Pulver direkt ' in einen zirkulierenden Flüssigkeitsstrom ein. Die Pulver werden in der Dispergierkammer unmittelbar benetzt und unter Spiegel in den Behälter eingebracht. Das Explosionsrisiko ist damit eliminiert.
Dispergieren von Mikrosphären
Sphärische Mikrokugeln, die sich unter Temperatureinfluss zu einer flexiblen Hohlkugel mit sehr geringer Dichte expandieren lassen, etablieren sich als alternativer Füllstoff. Sie dienen als physikalisches Treibmittel und finden überall dort Anwendung, wo eine geringe Dichte und hohe Kompressibilität wichtig sind. Zudem bieten sie weitere Vorteile, wie etwa Mattierungseigenschaften. Daneben stehen die Produkte auch als bereits expandierte Mikrohohlkugeln zur Verfügung.
So ergeben sich unterschiedliche Verwendungsmöglichkeiten solcher Mikrokugeln, wie der expandierbaren „Expancel" Mikrosphären. Bei der Verarbeitung dieser extrem leichten Pulver kommen die Vorteile der beschriebenen Maschine zur Staub- und verlustfreien Dispergierung voll zum Tragen. Das Pulver wird mit einer speziellen Absaugvorrichtung direkt ab Sack (siehe Abb. 2) oder Silo in die vorgelegte Flüssigkeit (zum Beispiel ein fertiges Lacksystem) eingesaugt und sofort agglomeratfrei mit einem engen Partikelgrößenspektrum fein verteilt.
Mehr noch, beim Dispergier- und Benetzungsvorgang werden die an der Partikeloberfläche anhaftenden Mikro-Luftblasen abgetrennt, so dass die Partikel bereits in der Dispergierkammer kolloidal benetzt werden. Die abgetrennten Mikro-Luftblasen koagulieren und können so auch aus schwer zu entlüftenden Produkten entweichen. Dieser Effekt trägt massiv zur Entlüftung des Produktes bei.
Im Gegensatz zur Pulverdispergierung mittels Dissolver ist der Pulvereintrag konstant und unabhängig vom Bediener. Durch diesen definierten Prozess kann der durch die Mikrohohlkugeln erzeugte Mattierungseffekt eingestellt und von Charge zu Charge wiederholt werden. Die Produktqualität ist konstant und die Eigenschaften der Mikrohohlkugeln werden effektiv genutzt.
Geringere Dichte durch kleine Kugeln
Bereits geringe Zugabemengen der Mikrohohlkugeln reduzieren die Dichte eines Systems signifikant. Dieser Leichtfüllstoff ist gegenüber konventionellen Leichtfüllstoffen mit einer Dichte von 0,024 g/cm³ bis 0,07 g/cm³ in aller Regel deutlich niedriger. Ein Volumenanstieg bis zu 30 % in Farbund Lacksystemen ist keine Seltenheit. Dieser starke Volumenanstieg trägt dazu bei, dass auf Lösemittel basierende Lacksysteme automatisch VOC-konform werden.
Werden zu einer standardformulierten wässrigen Innenwandfarbe mit einer Dichte von 1,55 g/cm³ ca. 2 Gew.-% expandierbare Mikrosphären zugegeben, so ist es möglich, die Dichte auf 1,22 g/cm³ zu reduzieren (Abb. 3). Damit reduziert sich das Gewicht eines 12-Liter-Gebindes Innendispersionsfarbe von ca. 18 kg auf 14 kg. Dies bringt nicht nur Vorteile beim Transport, sondern steigert auch die Ergiebigkeit der Farbe. Mit der gleichen Menge Farbe lassen sich größere Flächen streichen.
Reduktion der Materialkosten
Rohstoffkosten sind zum zentralen Thema im Bereich von Farben und Lacken geworden. Insbesondere der starke Anstieg der Kosten für TiO2 sowie verschiedene Bindemitteln wirkte sich in der Vergangenheit negativ auf die Margen aus.
Die Mikrosphären tragen dazu bei, dass weniger Bindemittel in der Rezeptur benötigt wird, da die volumenmäßige Ölabsorption sehr gering ist. Hier kann eine Erhöhung der PVK (Pigmentvolumenkonzentration) erreicht werden, ohne die Qualität zu beinträchtigen. Die mattierende Eigenschaft der Mikrohohlkugeln ermöglicht außerdem eine Reduzierung des Mattierungsmittelsanteils in der Rezeptur. Die Rohstoffkosten pro Liter Farbe werden gesenkt. Die Kostenersparnis kann bei Innenwandfarben zwischen 3 und 5 % liegen und im Fassadenbereich bis zu 7 % erreichen (Abb. 4).
VOC-Reduktion
VOCs sind eine der Ursachen erhöhter Ozonwerte. Daher haben sich die EUMitgliedsstaaten in der europäischen VOC Richtlinie von 1999 dazu verpflichtet, den Ausstoß von VOC drastisch zu reduzieren. Die letzte Decopaint Richtlinie (2004/42/EG) hat diese Grenzwerte nochmals verschärft.
Bereits heute werden expandierte Mikroholkugeln in vielen lösemittelhaltigen Lacksystemen zur VOC-Reduzierung eingesetzt. Aufgrund der geringen Mikrosphären-Dichte von 0,036 g/cm³ bis 0,070 g/cm³ (je nach Qualität), kann mit einer Zugabemenge von bereits 1 Gew.-% das Volumen um bis zu 30 % gesteigert werden. Die geforderten VOC-Grenzwerte werden dadurch· deutlich unterschritten.
Mikrokugeln und Wasser
Mikrosphären können mehr leisten als nur die Dichte zu reduzieren. So helfen sie, die Wasserdampfdurchlässigkeit in Standardformulierungen zu optimieren (Abb. 5). Die hydrophoben Eigenschaften der Mikrosphären tragen dazu bei, dass die Wasseraufnahme in der Formulierung verringert wird und sich dadurch der Abbau des Farbfilms stark verzögert (Abb. 6).
Magazin: Farbe und Lack
Ausgabe: 11/2012
Autor: Oliver Dudak, Dominik Seeger
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