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09/2017 | FACHARTIKEL

Sensibles schonend mischen

Dispergieren ohne Scherung mittels Vakuum-Expansions-Methode

Verdicker und Stabilisatoren sind scherempfindlich. Mischt man sie in Flüssigkeiten, entstehen zunächst Agglomerate, die anschließend durch Dispergieren wieder abgebaut werden müssen. Die Problemlösung bietet ein Verfahren, bei dem die Primärpartikel des Polymerpulvers noch vor dem Eintrag in die Flüssigkeit durch Vakuumexpansion vereinzelt, beim ersten Kontakt mit der Flüssigkeit vollständig benetzt, in situ unter Vakuumbedingungen dispergiert und unter Überdruck agglomeratfrei hydratisiert werden.

ystral TDS-Saugmischer Der TDS-Saugmischer erzeugt in seinem Mischkopf ein Vakuum, mit dem er Pulver direkt unter die Flüssigkeitsoberfläche saugt

Verdicker und Stabilisatoren haben die Aufgabe, dem Endprodukt eine optimale Rheologie und Textur sowie ein dem Verbraucher angenehmes Mundgefühl zu verleihen. Sie verhindern, dass sich das Produkt trennt und Rezepturbestandteile sedimentieren oder aufschwimmen. Sie  liegen zunächst als Pulver vor und werden aufgrund ihrer starken Verdickungswirkung  in niedrigen Konzentrationen angewendet. Um ihre maximale Wirkung zu  erzielen,  erfordern sie einen kolloidalen Aufschluss in der Flüssigphase. Proteine wirken ebenfalls viskositätserhöhend, sind aber noch viel scherempfindlicher als Verdicker und Stabilisatoren.

Mit den spezifischen Eigenschaften dieser Pulver sind aber zugleich auch die Schwierigkeiten bei ihrer Verarbeitung verbunden. Meist stauben sie, kleben und bilden Klumpen und Agglomerate. Sie lassen sich nur schwer einrühren und schwimmen auf der Oberfläche der Flüssigkeit. Werden sie dann mit erhöhter Rührleistung von der Oberfläche nach unten gezogen, gelangt zusätzlich immer auch Luft über die  Trombe mit ins Produkt. Diese Luft ist  unerwünscht, denn sie lässt sich nur schwer wieder entfernen. Aber auch der externe Eintrag über Injektoren oder Inline-Blender ist problematisch, denn konventionelle  Systeme dieser Art erzeugen ebenfalls zunächst nur Agglomerate.

Wenn Klumpen und Agglomerate entstanden sind, müssen diese wieder abgebaut werden. Dazu wird weiter dispergiert, bis alle Klumpen zerstört sind. Bei den meisten dieser Pulver beginnt die Hydratation allerdings bereits unmittelbar bei  ihrem ersten Kontakt mit dem Wasser. Sie entfalten scherempfindliche Polymerstrukturen und bilden Gele. Ab diesem Zeitpunkt baut jede weitere Dispergierung ihre Wirkung ab.

Um den Wirkungsverlust auszugleichen, müssen die Verdicker, Proteine und Stabilisatoren höher konzentriert werden. Das erhöht die Kosten. Die Qualität wird dadurch nicht verbessert, Aromen werden maskiert. Das Fließverhalten und die Optik des Produktes wirken bei übermäßigem Verdicker-Einsatz unnatürlich und das Aussehen und letztlich das Image des Produktes leiden.

Ursache des Problems sind immer Pulver-Agglomerate, die beim Zugeben des Pulvers zur Flüssigkeit entstehen und bei deren anschließender Dispergierung das bereits hydratisierte Gel geschädigt wird. Es muss also ein anderes Verfahren zum Pulvereintrag verwendet werden, bei dem sich keine Agglomerate bilden und bei dem auch nicht nachdispergiert werden muss.

Dispergieren mittels Vakuum
Pulver bestehen aus einzelnen Partikeln, die sich gegenseitig berühren. Zwischen diesen Partikeln ist allerdings Luft. Luft lässt sich unter Vakuum expandieren, das heißt, die Luft dehnt sich aus. Diesen Effekt kann man in einem mit hoher Geschwindigkeit fließenden Pulverstrom nutzen, um die Partikel zu vereinzeln. In einem unter Vakuum fließenden Pulverstrom expandiert die Luft zwischen den Partikeln. Die Partikelabstände vergrößern sich. Dadurch werden die Partikel separiert. Die Partikelabstände werden mit zunehmendem Vakuum im Flug immer größer. Dazu wird keinerlei zusätzliche Luft zugegeben  –  lediglich die Luft, die bereits vorher im  Pulver vorhanden war, dehnt sich aus.
Genau diesen Effekt nutzt man bei der YSTRAL Conti-TDS zur Pulvereinsaugung und Dispergierung mittels Vakuum. Die Maschine saugt und dispergiert Pulver direkt in Flüssigkeiten. Dazu baut sie ein extrem kräftiges Vakuum in ihrer Dispergierzone auf. Das Pulver wird genau in diesen Bereich hineingesaugt. Je näher das Pulver der Dispergierzone kommt, desto größer wird das Vakuum, desto schneller fließt das Pulver und desto weiter werden die Abstände zwischen den einzelnen Partikeln.

In der Dispergierzone kommen die Pulverpartikel mit der Flüssigkeit unter maximaler Turbulenz in Kontakt und werden einzeln vollständig benetzt und kolloidal aufgeschlossen. Agglomerate entstehen nicht. Ein weiteres Nachdispergieren ist in der Regel nicht erforderlich.

Im Moment der Benetzung ist das Pulver noch nicht hydratisiert und damit auch noch nicht scherempfindlich. Maximale  Dispergierung ist in diesem Moment gewünscht und gefordert, allerdings nicht  danach, nicht in einer nachgeschalteten  Dispergierstufe bzw. -maschine. Die Conti-TDS benetzt und dispergiert in situ unter Vakuum während der Passage durch die  Dispergier- und Benetzungszone. Die Beanspruchung dauert nur Bruchteile  von Sekunden.

Benetzung von innen
Auch trocken agglomerierte oder poröse Pulver mit Kapillarstrukturen in ihrem  Inneren werden auf diese Weise vollständig benetzt. Das beruht darauf, dass diese inneren Strukturen und Kapillaren im Ausgangszustand ebenfalls mit Luft gefüllt sind. Die Luft im Inneren dehnt sich ebenfalls beim Annähern an die unter Vakuum stehende Dispergierzone aus – allerdings ohne dass das Partikel oder Agglomerat zunächst zerfällt. Die komplette Benetzung von  außen erfolgt unter maximalem Vakuum.

Anschließend wird das vollständig von Flüssigkeit umgebene Agglomerat oder  poröse Partikel mit der Flüssigkeit weiter gefördert und gelangt dabei aus der Zone maximalen Vakuums und maximaler Dispergierung in die umgebende Zone maximalen Überdrucks und starker Zentrifugalwirkung. Die Luft im inneren Kapillarvolumen kontrahiert unter dem nun wirkenden Überdruck implosionsartig und zieht dabei die umgebende Flüssigkeit ins Innere.  Agglomerate zerfallen auf diese Weise aufgrund der gleichzeitigen Dispergierung sofort. Poröse Partikel mit inneren Strukturen werden von innen benetzt.

Die vorher im Pulver enthaltene und  nun frei gewordene Luft koaguliert unter der Zentrifugalwirkung des Rotors zu großen Luftblasen und wird zusammen mit der Flüssigkeit zum Prozessbehälter transportiert, wo sie über die Flüssigkeitsoberfläche entweicht.

Das Verfahren zeichnet sich zum einen durch besonders schonende, zum anderen durch besonders schnelle Dispergierung und maximale Ausnutzung der pulverförmigen Inhaltsstoffe aus. Es wird mit großem Erfolg bei der Herstellung von Dressings, Milchprodukten und Desserts, bei der Herstellung von Teig, Eiscreme-Premix und  Getränkekonzentraten, Babynahrung und vielen anderen Produkten im Bereich der  Lebensmittelproduktion eingesetzt. Natürlich gibt es auch viele ähnliche Anwendungen bei der Herstellung von Pharmaprodukten, Kosmetika und in der Chemieproduktion.


ystral Fachartikel Verfahrenstechnik

Magazin: Verfahrenstechnik
Ausgabe: 09/2017
Autor: Dr. Hans-Joachim Jacob

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Dr. Jacob ist Senior Expert Process and Applications bei ystral. Der studierte Maschinenbauer trat bereits 1990 als Verfahrenstechniker in das Unternehmen ein und betreut seitdem unsere Key - Accounts weltweit. Seine berufliche Leidenschaft ist dabei das Mischen und die Dispersion von Pulvern in Flüssigkeiten. Hierbei konnte er in seiner langjährigen Karriere, Erfahrungen im Umgang mit mehreren tausenden Pulvern aus den verschiedensten Branchen sammeln und teilt seine Expertise gerne mit Herzblut in diversen Fachartikeln, Online-Seminaren oder Vorträgen.

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