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07/2010 | FACHARTIKEL

Einsaugen statt aufwirbeln

Optimaler Pulvereintrag in Flüssigkeiten

Das Eintragen von Pulver in Flüssig­keiten ist einfach: Man braucht es nur auf die Flüssigkeitsoberfläche zu schütten und einzurühren. Klar, dass es dabei staubt - oft fällt Pulver ne­ben den Behälter, dafür landen Mes­ser oder andere Gegenstände in der Flüssigkeit. Klar auch, dass das Pulver überall an der Behälterwand und an allen Einbauten klebt und dass, wenn es auf die Flüssigkeit trifft, jede Men­ge Klumpen und Agglomerate ent­stehen. Bis die wieder abgebaut sind, dauert es lange. Pulvereintrag ist eben ungesund, sowohl für den Be­diener als auch für den Prozess. Es geht aber auch ganz anders ...

ystral TDS-Saugmischer Der TDS-Saugmischer erzeugt in seinem Mischkopf ein Vakuum, mit dem er Pulver direkt unter die Flüssigkeitsoberfläche saugt

TDS-Maschinen sind Systeme, mit denen man Pulver staub- und verlustfrei direkt ab Sack in Flüssigkeiten einsaugt, unter Spie­gel benetzt und agglomeratfrei dispergiert (TDS = Transport- und Dispergier-System). Kein Staub klebt an der Behälterwand, kein Sack muss auf den Behälter oder in einen Füllschacht gehoben werden. TDS-Maschi­nen sind nicht vergleichbar mit herkömmli­chen Pulvertransportsystemen, denn sie benötigen keine Transportluft, keine Filter; keine Ein- und Ausschleusung und auch keine Vakuumerzeuger. Sie erzeugen das Saugvakuum direkt in der Flüssigkeit und saugen auf diese Weise das Pulver hundert­prozentig in die Flüssigkeit ein. Das Interes­sante daran ist, dass diese Maschinen noch weitere Aufgaben bewältigen.

Staubfrei arbeiten mit TDS-Saugmischern
Der TDS-Saugmischer ist eine Variante des Leitstrahlmischers. Leitstrahlmischer sind dafür bekannt, dass sie Flüssigkeiten in Be­hältern vertikal umwälzen, effektiv mischen und auf diese Weise wesentlich homogene­re Suspensionen erzeugen können als Rührwerke. Ihr Mischkopf besteht aus einem kurzen rotationshyperboloiden Leit­rohr - dem Stator. Im Zentrum des Stators befindet sich ein schnell laufender Rotor. Der Rotor erzeugt eine kräftige Strömung, die direkt auf den Behälterboden gerichtet ist. Die Strömung wird am Behälterboden geteilt, nach außen wird schließlich nach oben bis an die Flüssigkeitsoberläche um­gelenkt. Auf diese Weise wird der gesamte Behälterinhalt vollständig vertikal umge­wälzt und homogen gemischt. Dieses Mischprinzip ist für feststoffhaltige Suspen­sionen besonders geeignet, da Sedimentati­on am Behälterboden und ein Kreisen der Flüssigkeit im Behälter zuverlässig vermie­den werden.

Der TDS-Saugmischer erzeugt, während er die Flüssigkeit mischt, in seinem Ro­torzentrum ein Vakuum. Dieses Vakuum wird zum Einsaugen der Pulverstoffe ge­nutzt. Das Pulver kann direkt ab Sack über Saugrohr und Saugschlauch in die Flüssig­keit eingezogen werden. Der Saugschlauch ist antistatisch bzw. elektrisch leitfähig aus­geführt. Das ist bei den hohen Fließge­schwindigkeiten des Pulvers sehr wichtig.

Die vollständige Benetzung des Pulvers erfolgt im Mischkopf unter der Flüssig­keitsoberfläche. Aufgrund der Turbulenzen im schnell laufenden Rotor findet dort eine sofortige intensive Mikrovermischung des Pulvers mit der Flüssigkeit statt. Es tritt kein Staub aus der Flüssigkeit aus. Damit entste­hen natürlich auch keine Anhaftungen oder Krusten an der Behälterwand. Wahrend man mit dem Saugrohr Pulver aus dem Sack abzieht, entsteht eine Luftbewegung von außen in den Sack hinein. Aus diesem Grund tritt beim Absaugen kein Staub aus dem Sack aus. Die Säcke werden komplett und sauber leer gesaugt. Werden nur Teil­mengen benötigt, kann der Sack auf eine Waage gestellt und das benötigte Pulver do­siert entnommen werden.

TDS-Saugmischer haben sich überall dort bewährt, wo staubende oder gesund­heitsschädigende Pulver wie z. B. Ruß, Ak­tivkohle, Kieselgur oder hochdisperse Kie­selsäuren in niederviskose Flüssigkeiten eingetragen werden müssen. Im Zusam­menhang mit den aktuellen Diskussionen um die Gefahrlichkeit von Feinstaub ist die Bevölkerung natürlich sensibilisiert gegen jede Art von Staub in der Luft. Unter den Begriff Feinstaub fallen alle Stäube mit Par­tikelgrößen unter 10 µm. Die zulässigen Grenzwerte werden angegeben in µg/m Luft. Wer Pulvers toffe verarbeitet, der weiß, diese Grenzwerte werden am Arbeitsplatz beim offenen Einschütten von Pulvern in Flüssigkeiten nie eingehalten.
TDS-Maschinen erlauben hingegen eine nahezu staubfreie Arbeitsweise. Das Risiko für die Beschäftigten wird auf ein Minimum reduziert. Aus diesem Grunde wird der Einsatz von TDS-Saugmischern auch von Be­rufsgenossenschaften empfohlen.
TDS-Saugmischer sind für zahlreiche Produkte und Prozesse einsetzbar, leider gibt es jedoch Einsatzgrenzen. Die Viskosi­tät der Flüssigvorlage darf ca. 1000 mPas nicht überschreiten. Stark klebende Pulver können mit dieser Maschine nicht einge­saugt werden. Das Füllniveau im Behälter muss bestimmte Bedingungen erfüllen, und die maximale Baulänge der Maschine beträgt aus konstruktiven Gründen nur in Ausnahmefällen mehr als zwei Meter.
Aus diesem Grund wurde eine weitere TDS-Maschine entwickelt, die nahezu un­eingeschränkt für alle Prozesse einsetzbar ist: die Conti-TDS.

Staub- und verlustfrei arbeiten mit Conti-TDS
Die Conti-TDS ist eine lnline-Dispergier­maschine, die in ihrer Dispergierzone ein kräftiges Saugvakuum erzeugt. Mit die­sem Vakuum saugt sie Pulver staub- und verlustfrei direkt ab Sack, Trichter, Contai­ner, Big-Bag oder Silo in Flüssigkeiten ein. Sie kann jede mit Pumpen förderbare Vis­kosität verarbeiten und hat auch mit stark klebenden Pulvern keine Probleme. Sie wird außerhalb des Behälters installiert und ist mit diesem über Rohrleitungen oder Schläuche verbunden. Auf diese Weise ar­beitet sie völlig unabhängig von Behälter­größe und Füllstand. Oft wird sie nicht nur an einem, sondern an zwei oder mehreren Behältern angeschlossen oder transporta­bel auf Rollen ausgeführt, um sie an mehre­ren Orten einzusetzen zu können.

Ähnlich wie eine Pumpe fördert sie die Flüssigkeit selbstständig im Kreis. Pulver und Flüssigkeit gelangen über vollständig getrennte Wege in die Maschine und kammen erst in der Dispergierzone miteinander in Kontakt. Dort erfolgt die Dispergierung unter hoher Scherwirkung und Vakuum. Selbst feinste Pulverpartikel werden sofort vollständig benetzt. Es lassen sich Dispersi­onsqualitäten und Feststoffkonzentratio­nen herstellen, die mit traditionellen Rüh­rern, Dissolvern oder Injektorsystemen nie­mals erreichbar sind. Der Aufstellort einer Conti-TDS kann immer so gewählt werden, dass sich der Transportaufwand für die Pulverstoffe auf ein Minimum reduziert. Das Heben der Pulversäcke auf die Behälterbühne entfällt. Die Maschine kann sowohl stehend als auch liegend betrieben werden, und ihre Anschlüsse lassen sich leicht den örtlichen Gegebenheiten anpassen. Besondere Be­deutung hat die Möglichkeit, die Maschine in bestehenden Anlagen sehr einfach nachrüsten zu können. Bauliche Verände­rungen, der Einbau neuer Flansche, er­neute TÜV-Abnahmen der Behälter oder die Versetzung anderer Maschinen sind nicht notwendig.
Nach beendetem Pulvereintrag wird der Pulvereinlass geschlossen. Die Conti-TDS kann dann als normaler Dispergierer weiter benutzt werden, bis die geforderte Partikel­größenverteilung, Homogenität oder Kon­sistenz erreicht sind. In dieser Phase arbei­tet die Maschine als Zahnkranzdispergier­maschine mit hohem Durchsatz und vielen Passagen über die Highshear-Zone.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der von Bedienereinflüssen unabhängige und immer konstante Pulvereintrag. Die Proble­matik ist vor allem bei Lacken, gelartigen Reinigungsmitteln oder Kosmetika be­kannt: Die Qualität und Viskosität des End­produkts schwankt unkontrollierbar, je nachdem, wie schnell die Pulver zugegeben wurden. Mit Einsatz der Conti-TDS gehören diese Probleme der Vergangenheit an.

Conti-TDS-Maschinen werden in fünf verschiedenen Baugrößen mit einem Leis­tungsspektrum von 7,5 bis 150 kW angebo­ten. Die Einsaugleistungen reichen bis zu 400 kg/min beim Eintrag von Calciumcar­bonat oder Stärke ab Big-Bag. Die Scherge­schwindigkeiten in der Dispergierzone lie­gen zwischen 20 und 30 m/s.

Vergleicht man die Dispergierwirkung der Conti-TDS mit konventionellen Systemen, dann stellt man Erstaunliches fest. Als wich­tigste Kennzahl zur Beschreibung der Dispergierwirkung dient der Schergradient - der Quotient aus Schergeschwindigkeit und Scherspaltweite. Ein Rührwerk weist in der Regel nur einen Schergradienten um 20 s·1 auf, ein Dissolver hat 50 s⁻¹, bei der Conti­TDS allerdings liegt der Schergradient bei 50 000 s⁻¹, ist somit tausendfach höher als in einem Dissolver. Je nach Aufgabenstellung kann die Maschine mit unterschiedlichsten Pulvereinlässen und Werkzeugen ausgerüs­tet werden. Bei der Verarbeitung scheremp­findlicher Produkte kann man ohne Disper­gierstator arbeiten. Die Maschine saugt in diesem Falle ohne nennenswerte Scherung das Pulver in die Flüssigkeit.

Nieder- und rnittelviskose Flüssigkeiten för­dert die Conti-TDS selbstständig ohne zu­sätzliche Pumpe. Aus diesem Grund kann sie am Ende des Prozesses auch zum Ab­pumpen der fertigen Produkte verwendet werden. Zusätzliche Pumpen sind nicht er­forderlich. Lediglich für den Pulvereintrag in sehr hochviskose Medien wie Spachtel­massen, Klebstoffe, Offsetdruckfarben, Dichtungsmassen und ähnliches wird der Maschine eine Verdrängerpumpe nachge­schaltet.

Nach ATEX zertifiziert
Der Pulvereintrag in offene Rühtwerks­oder Dissolverbehälter mit Lösmitteldämp­fen über der Flüssigkeit ist äußerst gefähr­lich. Bekanntlich ist nicht die lösemittelhal­tige Flüssigkeit brennbar, sondern es sind die Lösemitteldämpfe über der Flüssigkeit. Pulver - das vergisst man gern - enthalten immer Luftsauerstoff. Geschüttetes Pulver kann sich elektrostatisch aufladen und Zündfunken erzeugen. Zur Entzündung von Lösmitteldämpfen reichen bereits Fun­ken mit minimaler Zündenergie aus.

Durch Einsatz der Conti-TDS erfolgt der Pulvereintrag nicht mehr in den Behälter mit den Lösmitteldämpfen, sondern in die zirkulierende Flüssigkeit. Das Pulver wird mittels Saugvakuum direkt in die Flüssigkeit hineingesaugt. Aufgrund der Saugwirkung entstehen keine Lösemitteldämpfe. Conti­-TDS-Maschinen sind selbstverständlich nach ATEX zertifiziert.

Nicht nur für Pulver
Das TDS-Verfahren ist natürlich nicht auf den Pulvereintrag allein beschränkt, die gleichen Maschinen können ebenso für das Einziehen und Dispergieren von Flüssigkei­ten eingesetzt werden. Dies ist besonders interessant, wenn z. B. in der Fertigung von Lasuren, Deodorants oder Getränken hoch­viskose Gels oder Konzentrate in eine nie­derviskose Vorlage eingetragen werden müssen. In Rührwerksbehältern oder Dis­solvern ist eine tatsächlich homogene Ver­mischung nicht möglich. Bei Einsatz der Conti-TOS wird das hochviskose Gel inline in die niederviskose Flüssigvorlage eindis­pergiert und kommt bereits homogen ver­teilt im Behälter an.

Ähnliches gilt beim Eintrag niedervisko­ser Additive, Dispergiermittel oder anderer Medien in hochviskose Flüssigkeiten oder Pasten. Niederviskose Flüssigkeiten stehen im Rührwerks- oder Dissolverbehälter oft sehr lange auf der Oberfläche der hochvis­kosen Vorlage und werden von dieser ein­fach nicht aufgenommen. Auch hier erfolgt mittels Conti-TDS ein homogenes Eindis­pergieren in den zirkulierenden Flüssig­keitsstrom.


ystral Fachartikel Verfahrenstechnik

Magazin: Verfahrenstechnik
Ausgabe: 07/2010
Autor: Dr. Hans-Joachim Jacob

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Dr. Jacob ist Senior Expert Process and Applications bei ystral. Der studierte Maschinenbauer trat bereits 1990 als Verfahrenstechniker in das Unternehmen ein und betreut seitdem unsere Key - Accounts weltweit. Seine berufliche Leidenschaft ist dabei das Mischen und die Dispersion von Pulvern in Flüssigkeiten. Hierbei konnte er in seiner langjährigen Karriere, Erfahrungen im Umgang mit mehreren tausenden Pulvern aus den verschiedensten Branchen sammeln und teilt seine Expertise gerne mit Herzblut in diversen Fachartikeln, Online-Seminaren oder Vorträgen.

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