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12/2011 | FACHARTIKEL

Die Modulare Lackfabrik im Kleinformat

Die kompakteste Lackproduktion der Welt steht auf 30 m2 Fläche

Die Modulare Lackfabrik, die soge­nannte „MoFa" hat mit der „Mini­-MoFa" inzwischen eine kleine Schwes­ter bekommen. Ausgelegt für 300 bis 5.000 1 kann sie zur Produkt­ und Prozessentwicklung sowie als Produktionsanlage für kleinere Char­gen eingesetzt werden.

ystral Conti-TDS Mit der Pulverbenetzungs- und Dispergiermaschine Conti-TDS können auch schwer zu benetzende, staubende oder klebende Pulver agglomeratfrei dispergiert werden

Inspiriert vom großtechnischen Vorbild, der Modularen Lackfabrik (MoFa), zeigt die „Mini-MoFa" einen neuen Trend bei Produktionsanlagen in der chemischen und in der Lackindustrie. Das Herstellen von multifunktionellen Halbfabrikaten, Vorformulierungen und das eigentliche Endprodukt erreicht durch die Mini-Mofa eine neue Dimension hinsichtlich Flexibi­lität und Qualität. Die bis jetzt peripher betrachtete Komponenten wie Industrie­design, Funktionalität, Bedienfreund­lichkeit und Reinigungsaufwand wurden komplett neu entwickelt und gestaltet.

Ob als Entwicklungsmodul für neue Re­zeptvarianten, als „scale-up-Monitor" für die Großchargenproduktion oder als Indi­kator für die Ermittlung von Produktions­kosten - die „Mini-MoFa" erschließt alle entscheidenden Parameter.

Status Quo: Dissolverfertigung

Modeme Fertigungsprozesse auf Basis der Dissolvertechnik, die dem Stand der Technik entsprechen, sind meist halbau­tomatische Verfahren. Der Automatisie­rungsgrad liegt in der Regel bei maximal 75 %. Bei Großprodukten liegt die Batchgröße zwischen 5.000 kg und 15.000 kg. Die Feststoffdosierung erfolgt aus Säcken, Big-Bags oder Silos. Es ist eine zeitaufwen­dige Angelegenheit, bei der sich im Kopf­raum des Ansatzbehälters Staubablage­rungen und Hartagglomerate bilden. Diese können bei der Entleerung des Behälters das Produkt verunreinigen.

Dispergierung, Benetzung und Homoge­nisierung sind statistische Methoden, das heißt sie zeigen eine große Streuung der Er­gebnisse und somit der Qualitätsmerkmale.

Ein elementares Problem bei wasserbasie­renden Systemen ist der Einzug von großen Mengen Luft durch die Trombenentstehung beim Dispergierprozess. Als Folge muss der Dissolver mit unterschiedlichen Dispergier­geschwindigkeiten betrieben werden, was sich wiederum auf die Partikelgrößen bzw. Partikelverteilung auswirkt. Anschließend folgt ein Mahlprozess, dessen durchschnitt­liche Durchsatzleistung ca. 1.000 kg/h be­trägt. Kombiniert wird dieser Prozess mit klassischer Rührwerkstechnologie. Das ales führt zu einer mangelhaften Flexibilität und einem engen Prozessfenster.

Sicherlich entsprechen nicht alle Pro­zesse dem beschriebenen Szenario. Im Folgenden soll ein Durchschnittsverfahren schematisch dargestellt werden.

Perspektive: Die modulare Fertigung

Im Vergleich zum genannten Standard­verfahren ist der Automatisierungsgrad bei einer modularen Fertigung höher. Da­mit lassen sich vollautomatische Prozesse erreichen. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass bei der Batchgröße keine Li­mitierung gibt. Üblich sind derzeit bis zu 50.000 kg. Auch die Handhabung der Fest­stoffe wird einfacher. Silos sind nicht mehr notwendig, da Silo-LKWs direkt entladen werden können. Entsprechend geringer fallen die Investitionskosten aus.

Bei der modularen Fertigung mit der MoFa ist die Dispergierung zudem kein statistisches Modell, sondern eine Zwangs­dispergierung. Mischen und Dispergieren laufen mit signifikant weniger oder auch ganz ohne Lufteinzug. Die verwendete Mahltechnik macht Volumenströme von mehr als 10.000 kg/h möglich.

All diese Aspekte eröffnen ein deutlich größeres Prozessfenster und Potenziale für eine erhebliche Kostenreduktion. Im Vergleich zum Standardverfahren benö­tigt die Mofa nur etwa halb so viel Platz und nur etwa 30 % der Energiekosten. Die Produktqualität ist ebenfalls signifikant besser: aus einer Sinusstreuung wird eine ,.Line-Quality".

Modular produzieren in jeder Chargengröße

Die Mofa gibt es in verschiedenen Baugrößen:

- Die Mofa-Reihe gibt es seit sieben Jah­ren, sie ist für Ansatzgrößen von 5.000 bis 50.000 L auslegbar (Abb. 1).
- Neu ist die Mini-Mofa-Baureihe für An­satzgrößen von 300 bis 5.000 L in fünf verschiedenen Baugrößen (Abb. 2).
- Die Micro-MoFa-Baureihe umfasst Ansatzgrößen von 2 bis 300 L in fünf verschiedenen Baugrößen, sie ist für Testansätze im Labormaßstab sowie sehr kleine Chargen geeignet. Abb. 3 zeigt die erste Micro-MoFa.

Die Mofa ist als großtechnische Lö­sung konzipiert. Sie wird an die bauliche Infrastruktur angepasst und so einge­bunden, dass ein optimaler Produktions­ablauf gewährleistet ist. Eine Batchgröße < 5.000 L ist für diesen Typus nicht sinnvoll. Um auch diesen Bereich abzudecken, wurde die Mini-Mofa als derzeit weltweit kompak­teste Lackfabrik konzipiert und entwickelt. Dieser Anlagentypus verfügt über ein spe­ziell entwickeltes integriertes Reinigungs­modul. So ist auch ein Produktwechsel von Schwarz nach Weiß problemlos machbar.

Dank einer innovativen Rezeptorgani­sation arbeitet die Mini-Mofa nahezu ab­fallfrei. Die Anlage ist in Modulbauweise konstruiert und kann innerhalb einer Wo­che komplett montiert werden. Alle Kom­ponenten sind auf dem Anlagenrahmen installiert, somit entfallen hohe Investiti­onskosten in die bauliche Infrastruktur. Zugeführt werden nur die notwendigen Energien: Strom und Druckluft.

Luftfrei dispergieren

Die zentrale Dispergiereinheit „Conti­-TDS" (transport dissolving system) ist eine Rotor/Statormaschine, die nach dem Zentrifugalprinzip arbeitet (Abb. 4). Durch die spezielle Ausführung des Rotors ent­steht während des Umpumpvorgangs ein Vakuum, über das die· Feststoffe sowie Flüssigkeiten eingesaugt werden. Die Dis­pergiereinheit fördert das Pulver aufgrund des hohen Vakuums im Dichtstrom, so­dass keine zusätzliche Förderluft erforder­lich ist. Die dem Pulver anhängende Luft (Differenz zwischen Schüttgewicht und spezifischem Gewicht) wird während des Benetzungs- und Desagglomerationsvor­gangs abgetrennt. Als Ergebnis entsteht ein praktisch luftfreies Produkt. Die Ab­trennung der Luft und die vollständige Zwangsbenetzung der Partikel erfolgt im Vakuumbereich der Dispergierzone.

Die Dispergiereinheit arbeitet grundsätz­lich als „side-line"-Benetzungs- und Dis­pergiermaschine. Aus diesem Grund sind wichtige Produktionsparameter, wie die Di­spergiergeschwindigkeit sowie der Durch­satz, für alle Chargengröße konstant.

Integrierte Leitstrahlmischtechnik

Der im Prozesstank eingebaute Leit­strahlmischer (Abb. 5) bewirkt eine inten­sive, luftfreie und homogene Vermischung des gesamten Behälterinhaltes unabhängig von Chargengröße, Viskosität und Fließei­genschaft der herzustellenden Produkte. Diese funktionellen Eigenschaften ermög­lichen die Herstellung von Produkten mit einem spezifischen Gewicht > 2,5 kg/dm3 (,,high-solid-Produkte"). Die eingesetzten Additive werden unmittelbar auf den ge­samten Inhalt des Behälters verteilt.

Staubfreie Feststoffdosierung

Die Feststoffdosierung erfolgt staubfrei aus speziell entwickelten Mehrwegcon­tainern. Ein Großmengencontainer hat Kapazität von 50 bis 1.500 L und ein Klein­mengencontainer - von 1 bis 70 L. Beide Containertypen werden selbstdichtend an­gekoppelt. Sie sind vorverwogen und wer­den über das Vakuum der Dispergierein­heit entleert. Das Handling der Container innerhalb der Mini-Mofa erfolgt über eine integrierte Krananlage.

Flüssigkeitsdosierung

Für die Dosierung von Flüssigkeiten ste­hen zwei verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Flüssige Rohstoffdossagen aus Containern mit einem Füllvolumen bis zu 1.000 L (z.B. IBC, Edelstahlcontainer) wer­den über die integrierte Krananlage mit Wiegeeinrichtung automatisch dosiert. Mengen bis ca. 20 kg lassen sich über den hierfür vorgesehenen Kleinmengentrichter zugeben. Beide Dosierströme werden über eine Förderpumpe in den Volumenstrom der Dispergiereinheit eingebracht. Diese Technologie garantiert eine absolute Fein­verteilung der eingebrachten Rohstoffe in die Flüssigvorlage im Behälter. Die „Mini­MoFa" ist so konzipiert, dass die Großkom­ponenten aus dem Container tropffrei do­siert werden können (Abb. 6).

Integriertes Reinigungskonzept

Ausgehend von der Forderung nach häufigerem Produkt- bzw. Farbwechsel (schwarz-weiß) wurde ein Reinigungskon­zept entwickelt, das die gesamte Anlage umfasst. Alle zur Reinigung notwendigen Anlagenkomponenten sind Bestandteil der Mini-Mofa und müssen nicht zusätzlich adaptiert werden. In den Reinigungspro­zess eingeschlossen sind Behälter, pro­duktführende Rohr- und Schlauchleitun­gen, Pulver- und Additivwege. Zum Eintrag von mechanischer Reinigungsenergie dient die zentrale Dispergiereinheit. Alle Oberflächen und Rohrverbindungen sind so ausgeführt, dass eine rückstandsfreie Entfernung der Produkte gewährleistet ist. Der Reinigungsprozess orientiert sich an der Kaskadentechnik und wird individuell auf die Anforderungen abgestimmt.

Bedienung und Instandhaltung

Die Bedienung der Gesamtanlage wird über eine Speicherprogrammierbare Steu­erung (SPS) mittels touch-screen-Monitor realisiert (Abb. 7). Dabei entscheidet der Bediener zwischen Halbautomatik- und Automatikbetrieb. Die Wartungs- und Jn­standhaltungsarbeiten werden im Service­-Betrieb durchgeführt. Der Prozessablauf erfolgt über Rezepturen mit Bedienerfüh­rung. Alle möglichen Prozessvarianten für Produktion und Reinigung sind in der Steuerung hinterlegt.

Nach Prozessende wird ein Chargen­protokoll erstellt, das alle relevanten Pro­zessdaten enthält. Für die zusätzliche Gewichtskontrolle der zugegebenen Kom­ponenten wird die gesamte Prozesseinheit verwogen. Somit ist während der gesam­ten Herstellung eine kontinuierliche Plau­sibilitätskontrolle möglich. Eine extern adaptierte Perlmühle wird über die Steu­erung ebenfalls betrieben und überwacht. Die Steuerung überwacht alle Verschleiß­teile der Anlage durch das Monitoring von Betriebsstunden und Schaltspiele. Für diese Komponeneten ist in der Steuerung ein Wartungsplan hinterlegt. Vor Erreichung des Wartungsintervalls meldet die Steue­rung, welche Anlagenkomponente in wel­chem Umfang gewartet werden muss. Der übliche Aufwand für die Überwachung von Wartungstätigkeiten entfällt somit.

MoFa versus Dissolvertechnik

Gegenüber der konventionellen Dissol­verfertigung bietet die modulare Fertigung per MoFa und /oder Mini-MoFa damit ei­nige Vorteile, wie:

•    Reduktion der Produktionszeiten bis zu 80 %,
•    Reduktion der Energiekosten bis zu 70%,
•    Reduktion der Lohnkosten bis zu 80 %,
•    bis zu 100 % höhere Kapazität,
•    bis zu 100 % flexiblere Chargengrößen,
•    konstante Produktionsparameter (Line Quality),
•    Verringerung der Prüfkosten durch er­höhte Chargenkapazität bis zu 50 %,
•    beliebiger Produktwechsel, Bedienung der Anlage durch einen ein­zigen Mitarbeiter,
•    Reduktion von Additiven in der Formu­lierung durch erhöhten Wirkungsgrad um bis zu 25 %,
•    bessere Dispergierung durch die „Conti­-TDS",
•    Vermeidung von Lufteintrag im Produk­tionsprozess,
•    Reduktion von Geruchsemissionen,
•    erhöhte Arbeitshygiene und Sauberkeit.

Ausblick

Die Mini-MoFa bringt Vorteile im Bezug auf wirtschaftliche Fertigung, Produktqua­lität, Arbeitshygiene, Arbeitsschutz und Design. Sie lässt sich einsetzen als:

•    Entwicklungsmodul für neue Rezept­varianten,
•    Produktionsanlage,
•    scale-up-Monitor für die Großchargen- produktion,
•    Indikator für die Ermittlung von Produktionskosten.
Die in Betrieb befindlichen Anlagen bestätigen alle Vorgaben.


ystral Fachartikel Farbe und Lack

Magazin: Farbe und Lack
Ausgabe: 12/2011
Autor: Ralf Hohmann, Hanspeter Seeger und Stefan Klapper

DOWNLOAD ARTIKEL (PDF, 3,4 MB)


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